Ich kennzeichne diesen Beitrag gemäß der Datenschutzerklärung mit Werbung.
Was sind „Übungen des praktischen Lebens“? Maria Montessori stellte fest, dass Kinder ab einem Alter von 15 bis 18 Monaten die “Arbeit mit strukturierten Materialien” brauchen, die ihrem natürlichen Interesse entgegenkommt, Aktivitätszyklen auszuführen und die Erwachsenen in ihrer Umgebung nachzuahmen. Für diese “neue Art des Spiels” brauchen Kinder reale Gegenstände, die sich direkt auf die Alltagsaktivitäten der Erwachsenen beziehen. Diese nannte Maria Montesori Materialien des praktischen Lebens. Diese spiegeln die Kultur und die Zeit, in der ein Kind lebt, wider, weshalb Maria Montessori auch keine generellen Gegenstände und Übungen des praktischen Lebens entwerfen konnte, sondern Prinzipien festlegte. Übungen des praktischen Lebens sollten manuelle Tätigkeiten enthalten, die das Kind bei uns Erwachsenen im Alltag regelmäßig beobachten kann. Tätigkeiten, die also im täglichen Leben ohnehin erledigt werden müssen. (vgl. Paula Polk Lillard & Lynn Lillard Jessen, Montessori von Anfang an – Ein Praxishandbuch für die ersten drei Jahre des Kindes, Freiburg im Breisgau, 2012, S. 105f.)
Kochen, Putzen und Wäsche Sortieren stehen bei mir jeden Tag auf der To-Do-Liste. Und in diese Tätigkeiten beziehe ich Cosima wie eine Arbeitskameradin mit ein. Dies bedeutet aber nicht, dass wir im Team effizienter oder gar schneller arbeiten können. Ganz im Gegenteil! Für mich als Mama ist es mit einer gewissen Anstrengung verbunden. Ich kann mich nicht einfach anderen Dingen widmen, es ist meine Aufgabe Cosima anzuleiten und ihr meine volle Aufmerksamkeit zu schenken. Ebenso liegt es an mir sie bei ihren Tätigkeiten nicht zu hetzen – denn Kinder haben alle Zeit der Welt. Gar nicht so einfach für ungeduldige Menschen wie mich!
Wie wir die Übungen des praktischen Lebens in unseren Alltag einbauen: Am Beispiel des Socken Sortierens möchte ich euch zeigen, dass man gar nicht immer besonders viel vorbereiten muss, um sein Kind im Haushalt miteinzubeziehen. Wenn bei uns das Signal des Trockners zu hören ist, begleitet mich Cosima in den Wäscheraum. Während ich die Trocknertür öffne, nimmt sie sich ihren kleinen Korb aus dem Regal und wartet bis ich ihr die Socken reiche, damit sie diese in ihren Korb legen kann – die restliche Wäsche kommt in meinen Korb. Ist alles ausgeräumt, nimmt sie ihre kleine blaue Schale für die Wäscheklammern und wartet ab bis ich die Socken in ihrem Korb einmal laut durchgezählt habe. Bei all diesen Schritten bin ich mit ihr im Gespräch und fasse in Worte, was ich gerade mache oder welche Wäschestücke ich aus dem Trockner nehme. Natürlich kommentiere ich dabei nicht alles, aber im richtigen Maß, um ihre Aufmerksamkeit nicht zu verlieren und sie mit einzubinden. Ich lege ihr die richtige Anzahl an Wäscheklammern aus meinem großen Wäscheklammerkorb in ihren, sodass sie schließlich die Materialien zur Verfügung hat, die sie braucht, um die Socken zu sortieren.
All diese Schritte laufen bei uns inzwischen automatisch ab. Als Cosima im Alter von 16/17 Monaten einigermaßen sicher laufen konnte und mich die ersten Male begleitete, um die Wäsche zu holen, war viel Anleitung, Zeit und Geduld meinerseits erforderlich.
Angepasst an ihren jeweiligen Entwicklungsstand erweiterten wir das Socken Holen dann zu Socken Holen und Sortieren ohne Wäscheklammern. Erst als ich beim Wäsche Aufhängen beobachtete, dass Cosima auch “meine” Wäscheklammern gut öffnen konnte (sie verwendete ansonsten Rundkopf-Wäscheklammern aus Holz), zeigte ich ihr, dass man die Sockenpaare mit Klammern fixieren kann. Hierzu saß ich einige Male auf dem Teppich neben ihr und zeigte es nochmal, wenn es erforderlich war. Wenn ich meiner Tochter etwas Neues zeige, analysiere ich die einzelnen Arbeitsschritte und zeige diese ganz langsam und genau. Wichtig ist es mir hierbei auch, ihr die Schritte immer und immer wieder in der gleichen Art und Weise zu zeigen. Deshalb überlege ich mir auch schon im Vorhinein, was ich wie zeigen möchte und probiere dies auch ohne Kind wirklich zuvor aus.
Inzwischen hat Cosima viel Übung beim Socken Sortieren und es ist in Ordnung, dass auch ich einer Tätigkeit nachgehe. So ist es mir inzwischen möglich auf dem Bügeltisch die restliche Wäsche zu falten. Ich habe sie aber immer im Auge und bin sogleich für sie da, sollte sie Hilfe brauchen.
Bei schönem Wetter lasse ich meinen Wäschekorb allerdings erst einmal stehen und falte die Wäsche am Abend. Ich nehme einen kleinen Teppich mit und begleite Cosima mit ihrem Körbchen voller Socken in den Garten. Dort leiste ich ihr stille Gesellschaft und nehme mir Zeit sie zu beobachten. Das mache ich unheimlich gerne, da sie, so konzentriert und ganz bei sich, ihre Ruhe auf mich überträgt. Immer wieder bin ich bei diesem bewussten Hinsehen erstaunt, aus wie vielen Schritten und Fertigkeiten so einfache Tätigkeiten wie Socken Sortieren bestehen und wozu ein so junges Kind bereits in der Lage ist.
Hat Cosima alle Socken sortiert, so tauschen wir derzeit die Rollen. Cosima beobachtet dann mich, wie ich die Klammer eines vorsortierten Paares löse, die Socken exakt aufeinander lege, dann sorgfältig halbiere und auf meine Art und Weise ordentlich ineinander stecke – so wie es eben meine Mama mir zeigte. Das fertige Paar wird anschließend in den Korb gelegt.
Seit kurzer Zeit versucht sich Cosima auch am Falten und Ineinanderstecken. Sie beobachtet mich zwei-/dreimal und sagt dann: “Ich!” Dabei helfe ich ihr nur, wenn sie dies mit einem “Mama, Hilfe, bitte!” konkret einfordert. Ansonsten sitze ich bewusst auf meinen Händen, da ich es anders nicht schaffe, nicht doch “zu helfen”. Sind wir fertig, rollt Cosima den Teppich ein und wir bringen die gefalteten Socken hinein und legen sie in die jeweiligen Kleiderschränke. Dann gehen wir die nächste Tätigkeit an…
Warum ich nicht auf die Übungen des praktischen Lebens verzichten möchte: WIR profitieren unheimlich von ihnen! Cosima lernt durch das Zusammenarbeiten mit mir, dass sie fähig ist Dinge zu tun und sie in der Familie gebraucht wird. Dies hilft meiner Tochter, ihre Persönlichkeit einzuordnen und eine positive Einstellung zu sich selbst zu entwickeln. Ich selbst erlebe die täglichen Hausarbeiten als viel interessanter, spannender und lohnender. Sie machen mich ruhiger und ausgeglichener. Sie helfen mir Stress zu reduzieren. Wenn ich mit meiner Tochter Tätigkeiten aus dem Bereich der Übungen des praktischen Lebens gemeinsam ausübe, so habe auch ich inzwischen dafür alle Zeit der Welt. Es ist ein schönes Gefühl für mich als Mama einem so interessierten, aufmerksamen und begeisterungsfähigen jungen Kind etwas zu zeigen und mit ihm zu arbeiten. Ja, es macht mich glücklich!
Gerade wenn man nicht weiß, wo man mit Montessori im eigenen Zuhause anfangen soll, kann ich euch die Übungen des praktischen Lebens wirklich sehr ans Herz legen. Hierzu braucht es nicht viel – und das, was man braucht, findet man meist sowieso in den Schränken – wie ein Körbchen, Wäscheklammern und Socken, die nach dem Trocknen darauf warten sortiert zu werden. Probiert es einfach aus! Nehmt euch Zeit für euch und eure Kinder!
Die mit Sternchen (*) gekennzeichneten Verweise sind sogenannte Provision-Links. Wenn du auf so einen Verweislink klickst und über diesen Link einkaufst, bekomme ich von deinem Einkauf eine kleine Provision. Für dich verändert sich der Preis nicht.